Basics, die jeder GAM-Manager kennen sollte, für eine erfolgreiche Einführung einer Global Key Account Management Strategie im B2B Mittelstand.

Gerade im B2B Mittelstand treiben die Kunden die Aktivitäten der Firmen. Denn oft folgt der Mittelstand seinen Auftraggebern hinaus in die Welt. Dadurch entsteht jedoch eine neue Situation für die Lieferanten mit vielen Herausforderungen.

Preisunterschiede in den Ländern müssen gehändelt werden, ein weltweiter Support ist gefordert, eine Anpassung an die globale Beschaffungsstrategie der Kunden ist nötig und am besten sollten sie noch den größtmöglichen Profit aus der doch sehr chancenreichen Situation ziehen.

Kurz gesagt: Irgendwann reicht das Nationale Key Account Management nicht mehr aus. Es wird Zeit für ein Globales oder auch Internationales Account Management seitens der Lieferanten.


Global Key Account Manager entwickeln Kundenbeziehungen und verfolgen Umsatzchancen beim Globalen Key Account (globaler Schlüsselkunde) weltweit.

Auch Großkonzerne stellen die eigene Organisation wesentlich zentralistischer auf. Dazu kommt, dass sie durch Kommunikations- und Kollaborationstechnologien viel vernetzter mit ihren eigenen Standorten arbeiten können.

Das bedeutet für Lieferanten eine erhöhte (Performance-)Transparenz, legt aber auch Potentiale offen.

Somit zeigt die Praxis, dass viele mittelständische Unternehmen in dieser Hinsicht vor einem Umbruch stehen und mit strategischen Entscheidungen konfrontiert sind.

Ab wann lohnt sich die Einführung eines Global Account Managements (GAM)? Welche Accounts (Kunden) sind GAM Kandidaten? Und wie wird das GAM in ein Unternehmen integriert? Die meisten mittelständischen B2B Unternehmen in Deutschland versuchen einfach ihre internationalen Kunden reaktiv zufrieden zu stellen und haben keine klare globale Strategie.

Aus diesem Grund diskutieren wir in diesem Beitrag die wichtigsten Basics zur Einführung eines GAM.

Aufgaben eines GAM

 
Allgemein gesagt, fördert und intensiviert ein erfolgreiches Global Key Account Management (GAM) die Beziehung zu Ihren Kunden und kann einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen. Zu Beginn ist es jedoch wichtig zu verstehen, dass der Aufbau eines GAM kein kleines Projekt ist, sondern eine neue Organisationsstruktur erfordert.

Ein GAM (mit seinen Mitarbeitern) ist über die bestehenden nationalen Vertriebsorganisationen geschichtet (siehe Abbildung) und ist somit auch mit speziellen Kompetenzen verbunden.
 

Organisation des Global Account Managements
Bildquelle: Ralf H. Komor Interim Management

 

Zu den wichtigsten Aufgaben eines erfolgreichen GAMs zählen:

 
– Aufbau und Aufrechterhaltung ausgezeichneter Beziehungen zu globalen Kunden und internen Interessengruppen.

– Analyse aller Kundenanforderungen.

– Entwicklung von Lösungen für komplexe Probleme.

– Unterstützung für eine Vielzahl von Dienstleistungen und Produkten.

– Globale Umsatz- und Rentabilitätsziele zusammen mit den Ländern sicherstellen, um Ziele zu erreichen.

– Entwicklung globaler Verkaufsstrategien zur Förderung von Wachstum.

– Entwicklung, Gestaltung und Realisierung der mit den Ländern vereinbarten Umsetzungsfahrpläne.

– Verkaufsstrategien und Entscheidungsprozesse mitentwickeln.

– Zusammenarbeit mit lokalen Teams in der Region, um Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren und Pläne für den Vertrieb voranzutreiben.

– Zusammenarbeit mit dem Marketing und dem Regionalmanagement, um die Qualität und Quantität des Vertriebs sicherzustellen.

– Entwicklung verschiedener globaler Verkaufsprojekte zur kontinuierlichen Verbesserung der Marktleistung.

– Enge Zusammenarbeit mit Landesgesellschaften bei Projekten und Kundenthemen.

Ist die Einführung von GAM sinnvoll für Ihr Unternehmen?

 
Sie sehen also, der Aufbau eines GAM ist erst einmal eine Investition und damit teuer.

Aus diesem Grund sollte eine Einführung gut überlegt sein. Anhand dieser vier Kriterien können Sie feststellen, ob ein GAM-Programm für Ihr Unternehmen geeignet ist:

1. Ihre Produkte oder Dienstleistungen benötigen eine globale Koordination und sind rentabel genug, um diese zu rechtfertigen.

2. Ihre multinationalen Kunden fordern ein GAM.

3. Ihre multinationalen Kunden sind für Ihr Unternehmen wichtig.

4. Sie können durch GAM einen Wettbewerbsvorteil erzielen.

Die Art des eigenen Angebots – nicht der Wunsch eines Kunden nach Mengenrabatten oder globalen Verträgen – ist der erste Faktor, den ein Anbieter berücksichtigen sollte. Zu den Hauptkandidaten gehören die eher komplexeren Produkte und Dienstleistungen.

Die Angebote sollten eine hohe Marge aufweisen, um die zusätzlichen GAM Kosten zu decken. Das bedeutet, dass (potenzielle) globale Schlüsselkunden für Produkte und Dienstleistungen mit niedrigen Margen zum Ausgleich in höherem Volumen kaufen oder Serviceleistungen bestellen sollten. Weiterhin ist es von Vorteil, wenn die Produkte/ Dienstleistung global konsistent oder kompatibel sind.

Trifft also das erste Kriterium auf Ihr Unternehmen zu, dann lohnt sich ein genauerer Blick auf die Kunden. Falls einige Ihrer internationalen Kunden bereits ein GAM fordern, steht noch lange nicht fest, ob sie überhaupt geeignete Kandidaten sind.

Welche Global Accounts sind GAM-Kandidaten?

 
Nicht jeder weltweite Kunde, der GAM-taugliche Angebote kauft und für Ihr Unternehmen wichtig ist, sollte ein Global Account sein.

Wenn es um Global Accounts geht, ist mehr nicht immer besser – und es gibt keine ideale Zahl.

Unilever hat zum Beispiel nur fünf Global Accounts, während IBM mehr als 100 hat. Anstatt eine bestimmte Zahl anzustreben, sollten sich Manager darauf konzentrieren, geeignete Kunden zu identifizieren.

Anhand von sechs Kriterien können Sie überprüfen welche Ihrer Accounts sich als GAM-Kandidaten eignen.

1. Größe und Ertragspotenzial.

Natürlich ist der Bewertungsklassiker „Umsatz pro Kunde“ sehr verlockend. Doch auch hier gilt „ist es zu einfach, ist es falsch“. Denn der größte Fehler, den ein Unternehmen machen kann, ist globale Accounts ausschließlich auf Grundlage der aktuellen Umsätze mit diesen Kunden auszuwählen.

Einige Großkunden wollen häufig nur einen globalen Rabatt, einen zentralen Bonus und keine globale Beziehung.

Aus diesem Grund hat die Hotelkette Marriott einmal den Global-Account-Status seines größten Kunden (im Wert von 100 Millionen Dollar Umsatz) aufgehoben.

Im Allgemeinen sind neue zusätzliche Absatzmöglichkeiten bei der Auswahl von Global Accounts wichtiger als die aktuellen Umsätze. Durch eine enge globale Beziehung entstehen gemeinsam entwickelte Programme, die längerfristig zu großen Umsatzzuwächsen führen.

2. Geografische Verbreitung.

Ein vielversprechender GAM-Kandidat sollte natürlich auch in hohem Maß international tätig sein. Die Internationalität eines Unternehmens kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein:

Ist ein Geschäft beispielsweise hauptsächlich auf einen Markt konzentriert (und nur wenige kleine Betriebe außerhalb des Heimatlandes), ist es besser diesen Kunden mit einer Form von erweitertem nationalem Account Management zu bedienen.

3. Integrationsfähigkeiten.

Einem Kunden sollte der Status eines globalen Accounts nur dann angeboten werden, wenn er über eine entsprechende Struktur für die Steuerung globaler Einkäufe verfügt. Ein globaler Vertrag bedeutet ohne eine solche Organisation nicht viel: Der Lieferant verkauft weiterhin Land für Land und handelt dabei Menge, Preis und andere Bedingungen immer neu aus.

Und trotz dieses Mehraufwands erwartet der Kunde weiterhin einen globalen Mengenrabatt. Das bedeutet solche Kunden sind sehr schwer in ein GAM zu integrieren und selten rentabel.

So erkennen Sie schwer integrierbare Kunden:

– Die Strategien (Geschäftsmodell, Produkte, Marken, Wertschöpfungskette) sind meist auf Länderebene entwickelt.

– Jede nationale Einheit hat stellt einen eignen Geschäftsabschluss (Bilanz, GuV) auf.

– Der Geschäftsführer der Landesgesellschaft ist für fast alle Aktivitäten im Land verantwortlich.

– Die meisten Prozesse stellen nationale Variationen des Unternehmensansatzes dar.

– Kritische Informationen (Umsatz, Gewinn und Marktanteil nach Geschäftseinheiten, Produktlinien und Kunden) werden nur auf nationaler Ebene erhoben.

– Globale Teams steuern nur ein oder zwei Hauptaktivitäten und es gibt keine gemeinsame Unternehmenskultur.

GAM-Kandidaten sollten also eine hohe Integrationsfähigkeit besitzen. Das bedeutet die oben genannten Punkte sind global – und nicht nur national – integriert.

4. Strategische Bedeutung.

Global Accounts sollten in jedem Fall auch eine strategische Bedeutung für den Lieferanten haben. Hier sind drei Beispiele für strategisch wichtige Kunden:

Die Großkunden: Ein Lieferant kann es sich nicht leisten, einen Kunden zu verlieren, der 10% seiner Gesamtproduktion oder 60% der Produktion einer wichtigen Produktlinie kauft.

– Der Beitrag eines Kunden zur Erfüllung eigener strategischer Ziele. Ein Hersteller von Kopierern zum Beispiel kümmert sich weniger um Kunden, die einfach nur Kopierer kaufen. Es setzt einen klaren Fokus auf Kunden, die komplexe Bürolösungen (Maschinen plus Beratungsdienstleistungen) oder Dokumentenmanagementdienste (Produktion, Lagerung und Übertragung) kaufen.

– Ein hoher Bekanntheitsgrad des Kunden. Ein sehr bekannter Kunde kann auch andere (Neu)Kunden dazu veranlassen, bei dem Lieferanten zu kaufen.

5. Strategische, kulturelle und geographische Übereinstimmung.

Es hilft, wenn die Strategien des Kunden zu denen des Lieferanten passen. So haben z.B. die zwei Unternehmen Royal Dutch Shell und Wärtsilä ähnliche Strategien zur Ausweitung des Absatzes in Indien. Diese Tatsache hat sie dazu veranlasst, gemeinsame Marketingvereinbarungen zu treffen. Öle und Schmierstoffe von Shell und Wärtsilä wurden als Paket verkauft und Produkte des jeweils anderen bei den Kunden beworben.

Eine globale Kundenbeziehung erfordert ein hohes Maß an Interaktionen zwischen den Beteiligten. Deshalb ist auch eine kulturelle Übereinstimmung oder zumindest ein kulturelles Einfühlungsvermögen von Bedeutung. Es ist nicht so einfach eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zu einem Kunden aufzubauen der stark leistungsorientierte Werte vertritt, wenn man selbst eher über ökologische Ziele im Unternehmen verfolgt.

Schließlich sollte ein Lieferant in der Lage sein, die globale Kunden an den meisten ihrer wichtigsten Standorte zu bedienen. Entweder durch Servicebetriebe in diesen Ländern oder durch die Vermittlung zuverlässiger lokaler Partner, die den Service bereitstellen.

6. Eine enge und vertrauensvolle Beziehung.

Wenn ein Lieferant und ein Kunde einander wirklich vertrauen und schätzen, kann die Beziehung abheben. Beispielsweise investierte das französische Unternehmen Schneider Electric in eine Spezialanlage, um eine Produktlinie für einen bevorzugten globalen Kunden zu entwickeln.

Diese Aktion belohnte der Kunde, indem er Schneider Electric zum alleinigen Lieferanten dieser Produkte machte.

Drei dieser Kriterien – Größe und Umsatzpotenzial, Geografie und Integrationsfähigkeit – sind bis zu einem gewissen Grad quantifizierbar. Die letzten drei Kriterien sind weicher, und ihre Bewertung hängt bis zu einem gewissen Grad vom Bauchgefühl ab. Die „Scorecard for Selecting Global Accounts“ kann Lieferanten dabei helfen, die richtigen Kandidaten für ein globales Account Management auszuwählen.

Scorecard for Global Accounts (GAM)
Bildquelle: Eigene Darstellung nach Yip, Bink (2007): Managing Global Accounts, Harvard Business Review.

 
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Global Key Account Management Teil Eins – Fazit

 
Die Einführung eines GAM sollte gut überlegt sein. Nicht jedes Unternehmen mit internationalen Kunden eignet sich für ein Global Account Management. Aus diesem Grund sollten Sie eine genaue Analyse Ihrer Produkte und Dienstleistungen vornehmen. Verfügen Sie über eine ausreichende Marge?

Doch damit nicht genug der Analysen. Sie sollten ein umfassendes Verständnis Ihrer Kunden erlangen. Anhand von den sechs Kriterien können Sie feststellen, ob sie „GAM-tauglich“ sind.

Sind Sie zu dem Entschluss gekommen, dass Ihr Unternehmen soweit ist? Dann seien Sie gespannt auf den nächsten Teil unserer Global Key Account-Reihe. Hier erfahren Sie alles über die konkrete Umsetzung und worauf Sie besonders achten sollten.

 

Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Interim Manager Ralf H. Komor.

 
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Literaturnachweis:

Capon, N. (2001): Key Account Management and Planning, New York, Toronto, Sydney.

Drahmann, L. (2018): Relationship Management und Face-to-Face Interaktion im Key Account Management im interkulturellen Vergleich. Universität Bamberg.

Homburg etl al. (2008): Sales Excellence, Wiesbaden.

Hutter, H. (2010): Global Account Management als integriertes Dienstleistungscenter. Universität St. Gallen.

Yip, B. (2007): Managing Global Accounts. Harvard Business Review.