Die Entwicklung einer Eigenmarke kann für den Großhandel zusätzliches Umsatzpotenzial bedeuten. Doch bevor es soweit ist, braucht es ein paar grundsätzliche Überlegungen, damit die Eigenmarke kein Ladenhüter bleibt.

Wenn der Großhandel beschließt, eine Eigenmarke zu entwickeln und in sein Produktportfolio aufzunehmen, dann tut er dies, um sich zur herstellenden Industrie abzugrenzen. Die Eigenmarke, oder auch Handelsmarke, ist dann in aller Regel ein Produkt oder ein Produktsortiment, das der Großhandel unter einem eigenen Markennamen anbietet und damit in Konkurrenz zu Markenprodukten tritt.

Diese Eigenmarkenprodukte sind meist günstiger als die Markenprodukte, weil fremde Produkte durch zusätzliche Vertriebs- und Marketingkosten der Hersteller teurer im Einkauf sind.

Der Großhandel kann bei Eigenmarken also mit einer höheren Gewinnmarge rechnen. Eine Eigenmarke ist insofern auch “konkurrenzlos” und kann das Image nachhaltig steigern und zur Kundenbindung beitragen. Sie ist außerdem ein Profilierungsinstrument auf einem hart umkämpften Markt. Eigenmarken im Großhandel bedeuten also auch immer ein gutes Stück Emanzipation von der Industrie.

Eigenmarken: Die Antwort auf Herausforderungen für den Großhandel

Der Großhandel ist in den vergangenen Jahren aus mehreren Gründen verstärkt unter Druck geraten. Maßgebliche Einflussfaktoren sind die Corona-Krise, aber auch ein zunehmender Wettbewerbsdruck, Margendruck sowie der Direktvertrieb von Herstellern. Um sich von diesen Entwicklungen zumindest ein Stück weit unabhängiger zu machen, kann die Entwicklung und Etablierung von Eigenmarken eine Lösung sein.

Andere Branchen machen es schon länger vor, wie man mit Eigenmarken gutes Geld verdienen kann. So etwa der Lebensmittelhandel. Die Unternehmensberatung Munich Strategy geht davon aus, dass Handelsmarken bis zum Jahr 2025 ein Wachstum von 41 Prozent erreichen werden. Handelsmarken verfügen laut der Unternehmensberatung Nielsen über 45 Prozent des Absatzvolumens in Deutschland.

Auch der Handelsmarkenmonitor 2020 bescheinigt den Handelsmarken eine zunehmende Augenhöhe mit den Herstellermarken. Handels- beziehungsweise Eigenmarken erfreuten sich einer immer größeren Beliebtheit. So schätzen zum Beispiel 66 Prozent der befragten Verbraucher Handels- und Herstellermarken als gleichermaßen vertrauenswürdig ein. 70 Prozent achten auch bei Handelsmarken auf Sonderangebote und Preisnachlässe. Ermutigende Fakten, an denen sich auch der Großhandel im B2B-Segment orientieren kann?

Das sollte der Großhandel beim Aufbau von Eigenmarken beachten

Will der Großhandel erfolgreich eine Eigenmarke etablieren, so gibt es einige notwendige Faktoren, die er dabei beachten sollte. Ein Interview mit Stefan Wiech, Sortimentsleiter Handelsmarke und Leiter des Aufbaus der ersten Eigenmarke RED der DEHA Elektrohandelsgesellschaft (technischer Großhandel) auf managementcircle.de gibt erste Anhaltspunkte dafür.

Das Unternehmen geriet besonders durch neue Produktsegmente von Direktanbietern und deren Multi-Channel-Vertriebsstrategien unter Druck. Sinkende Margen und ein Sinken der Nachfrage nach bestimmten Produkten waren die Folge. Um dem entgegenzuwirken, entschied man sich für eine Eigenmarke. Aus dem Interview lassen sich folgende Faktoren herauslesen, die für die Etablierung einer Eigenmarke wichtig sind:

1. Ziel festlegen

Wie bei jedem neuen Vorhaben geht es auch bei der Etablierung einer Eigenmarke im Großhandel darum, sich zunächst einmal klar zu werden, welche Ziele man damit verfolgt. Dies kann, wie im Beispiel der DEHA Elektrohandelsgesellschaft, das Schaffen eines kleinen und interessanten Sortiments bei gleichbleibender Produktqualität im Vergleich zur Herstellermarke sein. Oder erklärungsfreie beziehungsweise einfache Artikel.

2. Marktpotenzial analysieren

Der Großhandel sollte zunächst untersuchen, welches Produkt als Eigenmarke das größte Marktpotenzial verspricht. Dies kann mittels einer Analyse der Marktgröße und der Wechselwahrscheinlichkeit der Kunden für verschiedene Produktgruppen geschehen. Mögliche Indikatoren dafür sind die Markentreue der Kunden sowie die Erfahrung des Großhändlers mit bestimmten Produkten.

3. Auf die Qualität achten

Auch wenn es sich um relativ einfach zu verstehende und im Vergleich zu den etablierten Herstellermarken preisgünstigere Eigenmarken handelt, sollte die Qualität dieser Produkte trotzdem nicht außer Acht gelassen werden. Gerade im B2B-Bereich, wo die Kunden in aller Regel fachkundig sind und wissen, welche Produkte die für ihren Betrieb die passenden sind, kann eine Low-Budget-Strategie schwierig sein. Stimmen Qualität oder der Service nicht, können Eigenmarken im Großhandel schnell verbrennen.

4. Mit Herstellermarken kooperieren

Um die Geschäftsbeziehung zu den Markenherstellern nicht zu belasten, macht es Sinn, diese mit einer klaren Strategie zu unterstützen und intensiv mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dies gilt umso mehr bei dem Versuch, eine Eigenmarke aufzubauen, gerade im Hinblick auf die Kommunikation.

5. Markenpositionierung festlegen

Eine Eigenmarke zu entwickeln und diese dann einfach ins Gesamtsortiment aufzunehmen, reicht für den Großhandel nicht aus. Was es braucht, ist eine eindeutige Markenpositionierung und Markenkommunikation. Die Voraussetzung dafür ist das Wissen über die Zielgruppe, die man mit der Eigenmarke ansprechen möchte. Die Markenpositionierung muss zum Image des Großhändlers insgesamt passen. Das heißt: Eine Eigenmarke im Hochpreis-Segment anzubieten, während die übrigen Produkte eher im Niedrigpreis-Segment angesiedelt sind, kann sich negativ auf das Umsatzpotenzial auswirken.

6. Vertriebswege wählen

Auch Eigenmarken wollen verkauft werden. Eine entscheidende Rolle kommt also dem Vertrieb zu. Wichtig für den Großhandel ist es zu definieren, welche Rolle die Eigenmarke im Vertrieb einnimmt. Diese kann etwa über Upselling als Ergänzung zum eigentlichen Markenprodukt angeboten werden. Oder parallel zu Markenprodukten, um von diesen unabhängiger zu werden. Jedenfalls sollte die Eigenmarke im Vertrieb ein eigenes und angemessenes Gewicht erhalten.

 
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Eigenmarken im Großhandel etablieren: Darauf kommt es an – Fazit

Wie immer sollte jedes Großhandelsunternehmen selbst evaluieren, ob und wie es Eigenmarken in das Produktportfolio mitaufnimmt. Die genannten sechs Faktoren, sind ein hilfreicher Leitfaden dazu.

Und zum Schluss noch eine gute Nachricht: Hat sich die Eigenmarke in einem bestimmten Bereich erst einmal etabliert, bleibt in der Folge Raum für die Weiterentwicklung der Produktpalette. Mitunter auch im höherpreisigen Segment unter derselben Marke.

 

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