Die Geschichte und der Untergang eines deutschen Großhandelsunternehmens „Wollschläger“ – Teil 1
Was sind die Learnings aus dem Untergang einer der größten Großhandelsunternehmen aus Deutschland? Dies ist Teil Eins der überaus interessanten Geschichte der Wollschläger-Gruppe.
Wie einer der größten deutschen Großhandelsunternehmen unterging – 79 Jahre Wollschläger-Gruppe.
1961 saß der 14-jährige Frank, ein ehrgeiziger junger Mann, allein in einem Auto in der Nähe eines Industriegebäudes. Ihm war kalt. Es ist Winter, in der Region um Bochum ist es kühl, mit Temperaturen von durchschnittlich unter 5°C. Vor zwei Jahren waren sie aus Danzig (Gdańsk) gekommen.
Sein alter Herr, Heinz Wollschläger, war ein erfolgreicher Firmengründer und Geschäftsmann, der einen neuen Kunden besuchte. Er hatte sein Unternehmen 1937, noch vor Franks Geburt, in Danzig, nahe der damaligen polnischen Grenze, gegründet. Wie bei vielen Unternehmern begann auch seine Geschichte in einer Garage.
Heinz Wollschläger spezialisierte sich auf Schweißtechnik. Seine erste Niederlassung eröffnete er 1959 in Bochum. Die Stadt im Herzen der nordrhein-westfälischen Industrieprovinz sollte ein wesentlicher Teil seiner Geschichte werden.
Als der Vater wieder ins Auto steigt, fragt der Sohn: „… und Papa, wie war’s?“
Es sind die Nachkriegsjahre, die Zeit des „deutschen Wunders“. Das Geschäft wächst, und die Kundenakquise hält Vater und Sohn auf Trab.
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Frank Wollschläger ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Nachdem er jahrelang mit seinem Vater Kunden besucht hatte, übernahm er 1975 im Alter von nur 29 Jahren das Geschäft mit seinen 25 Mitarbeitern. Wie sein Vorgänger ist er ein stolzer Familienvater an der Spitze eines Familienunternehmens.
Frank wird eines Tages seinen eigenen Sohn Carsten und weitere 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, davon 600 in Bochum. Er wird stolz darauf sein, Kunden in aller Welt zu bedienen, einen Umsatz von rund 300 Millionen Euro zu erzielen und mit 700.000 Artikeln zu handeln. Aus der Übernahme eines kleinen Familienunternehmens, wird Frank Wollschläger ein Juwel im deutschen, mittelständischen Industriegroßhandel aufbauen.
Die 20 Jahre zwischen der Übernahme des Familienunternehmens und der Jahrtausendwende verliefen für Frank außergewöhnlich gut. Er heiratete Brigitte, und sein Sohn Carsten wurde geboren. Wenig später gründete er die Wollschläger-Schweißtechnik GmbH & Co. KG, die 1986 in W-TEC Schweißtechnik GmbH umbenannt wurde, ebenfalls mit Sitz in Bochum.
1987 übernahm Wollschläger die Firma Franz Aretz Schweißtechnik in Krefeld und gründete eine weitere Niederlassung in Köln. Drei Jahre später eröffnete Frank das Wollschläger Universal-Schleifzentrum in Bochum.
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Ein „Wollschläger“ ist ein historischer Beruf aus der Textilverarbeitung. Wollschläger reinigten die Rohwolle, die nach dem Scheren noch schmutzig verklumpt war, und bereiteten sie für das Spinnen vor. Die „Wollschläger“ schlugen das Garn von Verunreinigungen frei, um die Naturwolle zu reinigen und vorzubereiten.
In einigen Regionen erweiterten sich die Wollschläger um weitere Schritte der Wollverarbeitung, wie das Zusammenführen der Fasern, die Beschickung des Spinnrads und manchmal das Spinnen der Wolle selbst. Es sah so aus, als hätte Frank Wollschläger das Bedürfnis, seinen Betrieb zu erweitern.
Auch dieser Beruf, der im Mittelalter vor allem in Süddeutschland weit verbreitet war, starb während der industriellen Revolution aus. Er hat nur in Familiennamen überlebt, wie der von Frank und seiner Firma.
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Seine neu formierte Wollschläger-Gruppe expandierte in den Jahren 1990-1995 rasant. Wie sein Vater ihn gecoacht hatte, wollte auch Frank die Nähe zu seinen Kunden suchen. Er eröffnete neue stationäre Vertriebskanäle.
In den ersten fünf Jahren nach dem Fall der Berliner Mauer eröffnete die Wollschläger-Gruppe Niederlassungen in Krefeld, Köln und Mülheim-Kärlich. In den Jahren 1995-1997 erweiterte sich die Wollschläger-Gruppe um Niederlassungen in Koblenz, Freiburg im Breisgau und Heidenheim. Fast alle neuen Niederlassungen in Deutschland entstanden durch kurzfristige Übernahmen von kleineren regionalen Händlern.
Die Nähe zum Kunden klang nach einer sinnvollen Geschäftsidee. Vielleicht war es aber auch nur eine teure Idee.
Im Jahr 2000 fusionierte die Wollschläger-Gruppe mit seinem langjährigen Partner Industrie Werkzeug Vertrieb GmbH. Und in den folgenden fünf Jahren begann Frank Wollschläger, beflügelt durch die sinkenden Zinsen, mit dem Export und eröffnete seine Niederlassung in Herbrechtingen.
Die Eröffnung neuer Filialen war für Frank nicht genug. Seiner Meinung nach sollten Vertriebsgesellschaften andere Unternehmen aufkaufen und eigene Marken schaffen. Die Wollschläger-Gruppe übernahm Dalhoff aus Essen und bündelte alle Unternehmensbereiche in Bochum. Sie führte eigene Produktmarken ein: Artec, Bickenbach, Primat und Widex.
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2001 stellte Frank Wollschläger Frank Haberstock, als Leiter seiner neu eröffneten Niederlassung in Hannover ein. Sein Namensvetter war ein jüngerer strategischer Denker, mutig und ein fleißiges Verkaufstalent.
Später war Haberstock maßgeblich am Aufbau der damals neu gegründeten Niederlassung Hannover und der Ausweitung der Marktpräsenz in Südniedersachsen, Nordhessen und den neuen Bundesländern beteiligt.
Frank W.‘s Strategie folgend, ist sein neues Büro in Hannover aus einer Teilfusion mit der Camille Gergen GmbH & Co. KG entstanden. Durch diesen Zusammenschluss entstand die Wollschläger Gergen GmbH & Co. KG, mit Hauptsitz in Dillingen. Außerdem entstand eine zusätzliche Niederlassung in Koblenz.
Ebenfalls im Jahr 2001 fusionierte Wollschläger mit dem Georg Noll Werkzeug- und Maschinenhandel und eröffnete die Wollschläger Maschinentechnik in Bochum. Bereits ein Jahr später wird der Hamburger Werkzeuggroßhandel Kurt Siemer Teil der Wollschläger-Gruppe. Ein Jahr später legte Frank seine Niederlassungen in Köln und Siegburg zusammen. Letztere war einst ein Bickenbach-Unternehmen.
Ungeachtet fragwürdiger Integrationsprozesse, Harmonisierungsansätze und Synergien wuchs Wollschläger weiter. Die Übernahme der Firma Bickenbach in Siegburg, die Gründung der Niederlassung Hannover und der Geschäftsbereich Maschinentechnik rundeten die Jahre 2000-2002 ab.
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Im Jahr 2005 übernahm Wollschläger die Hoffmann & Schlage GmbH in München und schuf mehr als 100 neue Arbeitsplätze, was ein unaufhaltsames Wachstum unterstreicht, und baute seine Aktivitäten im Bereich CNC-Werkzeugmaschinen aus.
Frank Wollschläger kannte keine „Atempause“, weder für ihn noch für sein Unternehmen. Im Jahr 2006 erwarb Wollschläger die Kölner Hommel-Gruppe, die zuvor zum Industriekonzern ThyssenKrupp AG gehörte. Mit diesem Schritt wollte Wollschläger in den Maschinenhandel expandieren. Im Jahr 2006 feierte das Unternehmen zudem sein 70-jähriges Bestehen.
Die kombinierte Gruppe erreichte einen geschätzten Umsatz von 300 Millionen Euro.
Frank Wollschläger erklärte seinerzeit: „Der Zusammenschluss mit Hommel schafft Synergien, die unseren Kunden einen klaren Vorteil bringen.“ Nicht jeder Kunde sollte diesen Vorteil sehen.
Frank fügte hinzu: „Die noch größere Produktpalette, die gemeinsame Nutzung von Service und hervorragend strukturierter Lagerlogistik sowie der technologische Austausch untereinander ermöglichen es uns, noch besser und gezielter auf Kundenwünsche einzugehen.“
Im Jahr 2007 übernahm Haberstock die Leitung des Hamburger Büros. Im selben Jahr übernahm Wollschläger den etablierten Arbeitsschutzhersteller und -großhändler Essener Arbeitsschutz GmbH.
Was denken Sie? Waren diese ganzen Zusammenschlüsse und Übernahmen Wollschlägers eine gute Idee? Das erfahren Sie in Teil 2 der Wollschläger Serie.
ICH MÖCHTE PREDICTIVE ANALYTICS FÜR DEN B2B-VERTRIEB
Literaturnachweis:
Simone Podieh: Alles für den Kunden
Alexandra Rüsche: Siegfried Hakelberg neuer Vertriebsleiter bei Mercateo
Martin Wocher: Das Ende einer Bochumer Traditionsfirma
Dirk Andres: In welchen Branchen die nächsten Pleiten drohen
Thomas Schmitt: Dänisches Handelshaus übernimmt Wollschläger in Bochum
WollschlaegerGroup: Erfolgsgeschichte Wollschläger
Andrea Schröder: Wollschläger: Investor zieht Kaufangebot zurück – 420 Mitarbeitern wird gekündigt
Industry Arena: Neue Metav hat überzeugt
Derwesten: Wollschläger-Gruppe aus Bochum hat Insolvenz angemeldet