Unser paradoxes Verhalten im Umgang mit Algorithmen
Ein paar Worte vorab zu dem Buch. Hannah Fry ist der Meinung „Algorithmen sind überall und es wird Zeit, sie zu verstehen.“ Eine Aussage, der ich zu 100 Prozent zustimme. Und genau darum geht es in ihrem Werk.
Die Autorin schafft es sehr unterhaltsam und in einfachen Worten die Welt der Algorithmen zu beleuchten.
Jedes Kapitel startet mit einem spannenden Beispiel aus der realen oder fiktiven Welt, um einen Aspekt oder eine Problematik in Zusammenhang mit Algorithmen zu veranschaulichen.
Dieser Beitrag widmet sich hauptsächlich einem Aspekt, den Hannah Fry ziemlich zu Beginn ihres Buches thematisiert: Das paradoxe Verhalten der Menschen im Umgang mit Algorithmen. Meiner Meinung nach, ein sehr spannendes Thema. Denn ich habe mich teilweise selbst – im privaten Umgang mit Algorithmen – aber auch unsere Geschäftskunden im „Business“ Bereich wieder erkannt.
Um jedoch alle auf den gleichen Stand zu bringen, diskutieren wir zuerst die Frage „Was sind Algorithmen und wieso hatten wir alle schon einmal Kontakt mit ihnen?“
Algorithmen im täglichen Leben
Im weiteren Sinn sind Algorithmen „Schritt für Schritt Anleitungen“, die zu einem bestimmten Ziel führen sollen. Nach dieser weit gefassten Definition besteht jedes Kochbuch aus Algorithmen.
Aber so verwenden wir den Begriff nicht. Oder haben Sie schon einmal gesagt: „Kennst du den Algorithmus für Omas Erdbeerkuchen?“
Das Wort Algorithmus wird in Verbindung mit mathematischen Objekten verwendet. Die einzelnen Schritte eines Algorithmus sind in der Regel mathematische Operationen, um auch hier ein Ziel zu erreichen. Werden diese Operationen in einen Softwarecode übersetzt, hat man einen Algorithmus programmiert.
Es gibt regelbasierte Algorithmen und nicht-regelbasierte Algorithmen. Ersteres sind von Menschen festgelegte, statische Regeln. Letzteres sind Algorithmen, die auf maschinellem Lernen (einem Teilbereich der künstlichen Intelligenz) basieren. Tiefere Informationen zu diesem Thema, finden Sie in diesem Beitrag.
Wir begegnen täglich Algorithmen. Sie führen uns zu unserem gewünschten Ziel (Navi)., sie schlagen uns Serien und Filme nach unseren Wünschen vor (Netflix & Amazon Prime), sie fliegen uns über den Atlantik (Autopilot) und noch vieles mehr .
Wir haben also täglich mit Algorithmen zu tun.
Dabei beobachtet Fry ein sehr paradoxes Verhalten im Umgang mit ihnen. Auf der einen Seite blindes Vertrauen und auf der anderen Seite totales Misstrauen. Im Umgang mit Algorithmen ist schwarz-weiß denken vorherrschend. Es gibt kein grau. Und das ist ein Problem.
Blindes Vertrauen in Algorithmen
Als Beispiel für blindes Vertrauen in Algorithmen startet Fry ihr Kapitel mit Robert Jones. Robert Jones fuhr eines Abends von Freunden nach Hause und wurde, kurz gesagt, von seinem Navi mitten in die Pampa geleitet. Die Wege wurden immer kleiner, steiniger und schwieriger. Doch Jones´ Navi zeigte eine Straße an, also fuhr er weiter. „Das Navi wird schon Recht haben.“ Jones´ Fahrt endete in einem Zaun, der ihn gerade noch davon abhielt, 30 Meter in die Tiefe zu stürzen. Das ist glimpflich ausgegangen.
Natürlich ist Jones´ Fall extrem. Doch ich bin mir sicher, dass einige von Ihnen Ähnliches in abgeschwächter Art und Weise selbst erlebt haben. Ich schon: Als ich mit einer Freundin auf einem Irland Road-Trip einen bekannten „View Point“ auf dem Wild Atlantic Way besuchen wollte, hat uns das Navi ebenfalls ziemlich in die Irre geführt.
Unser Bauchgefühl hat schon recht früh Warnsignale gesendet: „Ist das hier richtig?“, „Sieht schon komisch aus hier.“ Aber wir sind weitergefahren, bis wir irgendwann mit dem Auto vor hohem Gras und bei einem Esel standen. Den View Point haben wir nie gesehen.
Fry begründet dieses Verhalten damit, dass wir von Algorithmen umgeben sind, die eine einfache Möglichkeit bieten, Verantwortung zu delegieren. Oder wann haben Sie das letzte Mal die Google Ergebnisse kritisch hinterfragt? Oder mit einem Lineal abgemessen, ob die angezeigte Route im Navi wirklich die kürzeste ist?
Wichtig ist, dass diese Algorithmen (Google, Navigation etc.) bewährte Algorithmen sind, die üblicherweise funktionieren. Meiner Meinung nach müssen wir uns nicht naiv vorkommen, weil wir uns im Alltag von Algorithmen helfen lassen. Ich persönlich möchte jedenfalls nicht mehr auf Übersetzungshilfen, Navigation oder Suchmaschinen verzichten.
Trotzdem zeigen diese Beispiele, dass auch bewährte Algorithmen nicht immer richtig liegen. Es ist also nicht verkehrt in der richtigen Situation auf sein Bauchgefühl zu hören.
Extremes Misstrauen in Algorithmen
Auch diesen Aspekt startet Fry mit einem interessanten Fall: 1954 veröffentlichte Professor Paul Meehl eine Studie, die eindeutig zeigte, dass mathematische Algorithmen – egal wie einfach – fast immer bessere Vorhersagen trafen als Menschen. Und das wurde in den nächsten (mehr als 60) Jahren durch Studien immer wieder bestätigt.
„Der Computer wird nicht perfekt sein, aber man würde die Fehlerquote nur erhöhen, wenn man Menschen ein Veto über den Algorithmus einräumen würde.“ Sobald viele Berechnungen für eine Prognose notwendig sind, ist der Computer besser. Das ist im Prinzip nichts Neues, oder?
Doch jetzt kommt das Paradoxe: Wir vertrauen oft blind auf Algorithmen, die wir nicht verstehen, aber sobald wir wissen, dass ein Algorithmus einen Fehler machen kann, reagieren wir über und verlieren jegliches Vertrauen. Jedes Ergebnis wird in Frage gestellt und angezweifelt. Für dieses Phänomen gibt es sogar einen eigenen Namen: Algorithmusaversion. Fehler durch Algorithmen werden weit weniger toleriert als menschliche Fehler – auch dann, wenn die eigenen Fehler größer sind.
Dieses starke schwarz-weiß Denken in Bezug auf Algorithmen hindert uns daran, neue Technologien optimal zu nutzen. „Allwissend“ versus „totaler Müll“.
Der richtige Umgang mit Algorithmen
Es ist essenziell, dass wir lernen im Umgang mit Technologien objektiver zu werden. Der erste Schritt dahin ist, meiner Meinung nach, ein grundlegendes Verständnis dafür wie sie funktionieren.
Und das merken wir teilweise auch bei unseren Kunden. Es ist klar, dass unsere Algorithmen der Predictive Sales Software in der Testphase auf Herz und Nieren geprüft werden. Das soll auch so sein. Nur irgendwann sollten die Nutzer (im Falle unserer Software sind die Nutzer Vertriebler*innen im B2B-Bereich) nicht mehr jede einzelne, winzige Prognose hinterfragen und recherchieren, inwieweit das stimmen kann.
Sie sollten anfangen die Low-Hanging-Fruits zu ernten und „einfach mal machen“.
Unsere erfolgreichsten Kunden haben die Prognosen der Predictive Sales Software in ihre Vertriebsprozesse eingegliedert. Sie nutzen unsere Algorithmen als das was sie sind: als unterstützendes Tool im Vertrieb.
Peter Thiel geht in seinem Buch „From Zero to One” soweit und sagt, dass die erfolgreichsten KI-Modelle hybridisch genutzt werden. Also aus einer Mischung von Mensch und Maschine. Eine Ansicht, die ich teile.
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Key Learnings
Ich denke, ein bewusster und objektiver Umgang mit Algorithmen kann unser Leben bereichern und erleichtern. Und ich denke auch, dass eine Kombination aus Mensch und Algorithmus die besten Ergebnisse liefern kann. Eine Voraussetzung dafür ist ein zumindest grundlegendes Verständnis dafür wie Algorithmen arbeiten, was sie „wissen“ können und was nicht.
Bei Kontakt mit neuen Algorithmen, nehme ich mir vor, kritischer die Ergebnisse zu hinterfragen und zu überprüfen. Auf „bewährte“ Algorithmen vertraue ich mehr. Zum Beispiel werde ich diesen Beitrag gleich mit Hilfe von „Deepl“ in eine andere Sprache übersetzen. Vermutliche werde ich ein paar Worte abändern, da es meiner Meinung nach, eine bessere Alternative gibt – aber ich bin unglaublich dankbar, dass mir ein Algorithmus so viel Arbeit abnimmt.
Wie gehen Sie mit Algorithmen um? Schreiben Sie es uns in die Kommentare!
ICH MÖCHTE ALGORITHMEN FÜR DEN B2B-VERTRIEB
Literaturnachweis:
Hannah Fry (2019): Hello World – Was Algorithmen können und wie sie unser Leben verändern.
Peter Thiel (2014): Zero to One: Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet Gebundene Ausgabe.